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  • Freie Fahrt für Verkehrsrowdys in Südtirol.

    Die Bürgermeister von Karneid, Völs am Schlern, Deutschnofen, Tiers und Welschnofen fordern Maßnahmen gegen den überbordenden Verkehr auf den Dolomitenpässen und gegen die vielen Regelverstöße.

    Den Bürgermeister von Welschnofen, Thomas Pardeller (Bürgerliste), zitiert Rai Südtirol folgendermaßen:

    Die gesamtstaatliche Politik lockert vielfach einfach die Regeln, sodass wir jene Maßnahmen, die wir bisher zumindest als Abschreckung setzen konnten[,] wie die Speed-Check-Boxen, sogar abbauen müssen.

    – Bürgermeister Thomas Pardeller

    Schon bisher galten in Italien äußerst restriktive, ja geradezu absurde Regeln für die Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen, die sogar mit einem Schild angekündigt werden müssen. Erst kürzlich setzte Verkehrsminister Matteo Salvini von der Lega eine Gesetzesänderung durch, auf deren Grundlage die Mehrzahl der fixen Radargeräte abgebaut werden musste und Kontrollen bei gewissen Geschwindigkeitslimits (etwa unter 50km/h) gar nicht mehr zulässig sind. Schilda ist ein Klacks dagegen.

    In Bozen sind seitdem die Strafen wegen Geschwindigkeitsübetretung angeblich um über 90 Prozent zurückgegangen, und zwar selbstverständlich nicht, weil sich die Disziplin der Verkehrsteilnehmerinnen schlagartig gebessert hätte. Zu erwarten ist im Gegenteil, dass die Regelbrüche — mit allen Gefahren und negativen Auswirkungen (von Lärmbelastung bis Luftverschmutzung) — mit der Straffreiheit deutlich zunehmen werden.

    Überhöhte Geschwindigkeit ist bekanntlich eine der Hauptursachen für Verkehrsunfälle, die jährlich zahllose Verletzten und Tote fordern. Italien schneidet diesbezüglich wesentlich schlechter ab, als alle (!) angrenzenden Staaten, aber beispielsweise auch als Deutschland oder Spanien.

    Wäre Südtirol ein unabhängiger Staat, könnten wir vernünftige Regeln für Geschwindigkeitskontrollen einführen, wie sie in fast jedem europäischen Land gelten. Das würde viele Unfälle vermeiden, Leben retten und für einen respektvolleren Umgang im Straßenverkehr sorgen. Stattdessen müssen wir populistische Maßnahmen ertragen, die nur den Verkehrsrowdys nutzen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Wohlfühlbeitrag über Tritan Myftiu.
    Rai Südtirol

    Am Vortag hatte der Fraktionsvize von Fratelli d’Italia im Bozner Gemeinderat, Diego Salvadori, ein Goebbels-Posting veröffentlicht, da fand es Rai Südtirol passend, einen unkritischen Lifestylebericht über einen weiteren Vertreter der neofaschistischen Partei von Giorgia Meloni auszustrahlen. Tritan Myftiu durfte darin nicht nur seine Migrationsgeschichte anreißen, sondern auch unhinterfragt seine Mitgliedschaft bei den rechtsextremen Fratelli und sein offensichtliches Desinteresse an der deutschen Sprache als Selbstverständlichkeit darstellen.

    Er ist perfekt zweisprachig, Italienisch und seine Muttersprache Albanisch fließend, Deutsch wird wohl weiterhin ein Problem bleiben. Liege in der Natur der Sache, meint der neue Stadtrat, der in Zukunft unter anderem für die Integration zuständig sein wird. Es sei klar, dass man sich als Fremdsprachiger zunächst vor allem jene Sprache aneigne, in der man sich vorwiegend bewegt, und das sei in Bozen eben eine andere als im Pustertal oder im Vinschgau.

    – Rai Südtirol

    Transkription von mir

    Ich kenne in großmehrheitlich deutschsprachigen Teilen des Landes einige Menschen mit Migrationshintergrund. Dass sie sich jedoch nur Deutschkenntnisse angeignet hätten, ist bei keinem von ihnen der Fall. Sonst könnten sie schließlich nicht mit der Polizei (Einwanderungsbehörde) kommunizieren, Packungsbeilagen von Medikamenten bzw. Produktetiketten verstehen oder die Onlinedienste vieler Behörden in Anspruch nehmen, um nur einige Beispiele zu nennen. Italien verlangt zudem im Unterschied zu vielen anderen Staaten auch für längerfristige Aufenthaltsgenehmigungen (und nicht nur für den Erwerb der Staatsbürgerschaft) Sprachkenntnisse — womit nur Italienischkenntnisse gemeint sind und Minderheitensprachen, egal ob in Bozen oder im Vinschgau, ausgeschlossen sind (vgl. 01 02 03).

    Die vom Bericht angedeutete Spiegelbildlichkeit zwischen Bozen auf der einen und dem Vinschgau oder dem Pustertal auf der anderen Seite existiert nicht. Im Gegenteil: Selbst in mehrheitlich deutschsprachigen Ortschaften sind Migrantinnen ohne Deutschkenntnisse viel öfter anzutreffen als Migrantinnen ohne Italienischkenntnisse. Myftius Rechtfertigung für seine mangelnden Deutschkenntnisse beruht also auf einem Mythos, der die Minorisierung der deutschen Sprache in Südtirol unterschlägt und legitimiert (vgl.).

    Und so jemand wird in einer Stadtregierung, an der auch die Minderheitenpartei SVP beteiligt ist, mit dem sensiblen Sachbereich Integration beauftragt. Welche Impulse er setzen wird, um Migrantinnen für das Erlernen (auch) der deutschen Sprache zu sensibilisieren, kann man sich vorstellen.

    Die Volkspartei macht sich am weiteren Rückgang der deutschen Sprache in der Landeshauptstadt mitschuldig.

    Seit Jahren ist [Myftiu] politisch tätig. Schon immer rechtskonservativ, das komme auch von seiner Erfahrung mit dem Kommunismus in Albanien, sagt er, und zitiert Winston Churchill. Es sei besser, Reichtum ungerecht als Armut unter allen Menschen gleichermaßen zu verteilen. Abgesehen davon sei seine Familie in Albanien vom Regime verfolgt worden, das präge.

    – Rai Südtirol

    Transkription von mir

    Klar, wer kennt es nicht? Man wird von einem autoritären Regime unterdrückt und es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als einer Partei beizutreten, die mit einem anderen autoritären Regime liebäugelt. Ebenso unausweichlich muss es gewesen sein, dass jemand als Bootsflüchtling nach Italien gekommen ist und jetzt mit denen Politik macht, die die Boote dieser Flüchtlinge am liebsten versenkt hätten.

    Südtirol jedenfalls hat nicht unter dem Kommunismus, sondern unter dem Faschismus gelitten. Und ausgerechnet hier ist Myftiu Teil eines politischen Projekts geworden, das sich von damaligem Unrecht nur sehr widerwillig distanziert und weiterhin an vielem festhält, was damals aufgezwungen wurde.

    Statt dem Stadtrat bloß ein Mikrofon hinzuhalten, hätte Rai Südtirol — gerade in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Sender der deutschsprachigen Minderheit — auf diese gelinde gesagt problematischen Zusammenhänge hinweisen und kritisch bei Myftiu nachfragen können.


    Tritan Myftiu hat sich übrigens gegen einen Rücktritt von Diego Salvadori wegen des Goebbels-Postings ausgesprochen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08



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  • Der Bozner CPI-Stadtrat.
    Umwelt und Energie

    Die SVP hat sich in bekanntlich auch in der Landeshauptstadt auf eine Koalition mit rechten und neofaschistischen Kräften eingelassen. Mit dabei ist unter anderem auch die Lega, deren Chef Matteo Salvini der Landeshauptmann erst kürzlich für seine Hetze kritisiert hatte, deren Kandidaten im Gemeinderatswahlkampf menschenverachtende Positionen vertreten haben und die sich den Hardcore-Faschisten von CasaPound (CPI) als Wahlplattform zur Verfügung gestellt hat.

    Bürgermeister Claudio Corrarati hat nun mit Marco Caruso (Lega) einen Faschisten auch in den siebenköpfigen Stadtrat geholt. In der Landeshauptstadt des angeblichen »Klimalandes Südtirol« ist er fortan für die entscheidenden Agenden Umwelt und Energie verantwortlich. Dazu gehört ausdrücklich auch die Aufgabe, die Beziehungen zu innerstaatlichen und europäischen Institutionen im Rahmen von Klima- und Umweltprojekten zu pflegen.

    Doch wer ist dieser Caruso?

    Bei der Wahl 2015 war er noch für die offen faschistische Partei Unitalia in den Gemeinderat gewählt worden. Die beiden Unitalia-Räte Gianfranco Piccolin und Luigi Schiatti hatten 2009 für einen Skandal gesorgt, als sie aus Protest den Ratssaal verließen, während über die Ehrenbürgerschaft für Franz Thaler abgestimmt wurde. Ihrer erbärmlichen Lesart zufolge war der Sarner Nazi-Widerständler nicht ein Held, sondern ein verächtlich zu machender Deserteur.

    Caruso selbst schlug in dieselbe Kerbe, als er als Gemeinderat vehement die sogenannte »Historisierung« des Mussolinireliefs am Gerichtsplatz bekämpfte. Gemeinsam mit anderen rechtsextremen Politikern kündigte er 2016 sogar medienwirksam an, die geplante — und mittlerweile umgesetzte — Umgestaltung gerichtlich abwenden zu wollen.

    Der wegen Faschismusverherrlichung verurteilte Bozner CasaPound-Anführer Andrea Bonazza hatte Caruso nach dem Wahlerfolg 2015 in einem Beitrag für den faschistischen Primato Nazionale als einen »lieben Freund« bezeichnet, der »mit uns aufgewachsen« sei und »von der politischen Schule der CasaPound« stamme.

    Im Vorfeld der vorgezogenen Gemeinderatswahl von 2016 unterzeichnete Caruso gemeinsam mit anderen Rechten eine homophobe Selbstverpflichtung.

    Mit solchen Gestalten sitzt die Volkspartei jetzt nicht nur in einer Koalition, sondern auch im Gemeindeausschuss. Die SVP ermöglicht es ihnen mit ihren Stimmen erst, die Landeshauptstadt mitzuregieren.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 || 01 02



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  • Anderthalbsprachige Digitalisierung in Bruneck.
    Minorisierung

    Die Digitalianisierung hat auch in der Gemeinde Bruneck Einzug gehalten. Um dort zum Beispiel online auf Deutsch eine Durchfahrtsgenehmigung für die »verkehrbeschränkte Zone« zu beantragen, muss man der italienischen Sprache mächtig sein — was sowohl einen Gesetzesverstoß als auch einen Beitrag zur Marginalisierung der deutschen Sprache in Südtirol darstellt.

    Im Grunde kann hier nicht mehr zwischen Deutsch und Italienisch, sondern (wie zum Beispiel auch beim Einheitsschalter für das Bauwesen – ESB) nur noch zwischen einem einsprachig italienischen und einem wackeligen zweisprachigen Verfahren gewählt werden.

    Ich habe mir das Portal nach einem Hinweis in den Kommentaren einmal näher angesehen und zeige hier ein paar Beispiele.

    Zunächst loggt man sich mit einem SPID (italienisches Akronym für »Öffentliches System der digitalen Identität« – ÖSDI) oder mit einem CIE-Account (italienisches Akronym für »Elektronische Identitätskarte« – EIK) ein. Ersteres geht nur auf Italienisch, zweiteres auch auf Deutsch.

    Dann gibt man die sogenannten »anagrafischen« (gemeint ist: »meldeamtlichen«) Daten ein. Wenn es Fehlermeldungen gibt, sind sie auf Italienisch:

    Einsprachig Italienisch ist — trotz Sprachwahl »Deutsch« — auch der Inhalt der Bestätigungsmail:

    Wählt man als »Benutzertyp« etwas anderes als »natürliche Person«, muss unter »Repräsentanztyp« aus einer einsprachig italienischen Liste zwischen »Titolare«, »Rappresentante legale«, »Dipendente«, »Delegato« oder »Altro« gewählt werden:

    Beim »Personalausweis« sieht es ähnlich aus. Gewählt werden kann zwischen »Carta d’identità«, »Patente« oder »Altro«. Dazu wird eine »Identifikationsnummer« (gemeint ist vermutlich die Ausweisnummer) abgefragt und es soll angegeben werden, von wem und wann der Ausweis »veröffentlicht« (gemeint ist: »ausgestellt«) wurde:

    Das Datum (Geburts-, Ablauf-, Ausgabedatum…) ist jeweils über einen Kalender einzugeben, der nur auf Englisch verfügbar ist.

    Beim Wohnsitz ist im Feld mit der Angabe »Digita il Comune« die Gemeinde einzutippen, doch — leiderleider — gibt es die Gemeindenamen nur auf Italienisch (wobei es sich bekanntlich in den meisten Fällen um faschistische Namenserfindungen handelt).

    Noch nicht einmal Bruneck ist dem System, wie hier ersichtlich, mit seinem historisch gewachsenen Ortsnamen bekannt:

    Der soganannte »Adressentyp« (Straße, Platz etc.) ist im Italienischen sinnvoll. Im Deutschen wird diese Angabe der Bezeichnung jedoch nicht vorangestellt, sondern bildet in vielen Fällen mit ihr eine Einheit (Hauptstraße, Dorfplatz etc.) weshalb das Feld kaum Sinn ergibt.

    »Innenraum« ist eine falsche Übersetzung von italienisch »Interno«, womit die Wohnungsnummer (und eben ganz sicher kein Innenraum) gemeint ist.

    Bei der Auswahl des Tarifs wird die »verkehrsbeschränkte Zone« einsprachig italienisch mit »ZTL« (zona a traffico limitato) abgekürzt:

    Wer das nicht wissen sollte, hat Pech gehabt.

    Nachdem der Antrag schließlich abgeschickt ist, kann unter »Liste [der] Genehmigungen« der Status eingesehen werden:

    »In Verwaltung« soll vermutlich »in Bearbeitung« heißen.

    Nicht zuletzt soll ja auch die Unterhaltung nicht zu kurz kommen:

    Wen kann es da schon stören, wenn bei den Etiketten a bissl was durcheinander gekommen ist? Hauptsache Digitalisierungsweltmeister.


    Der soeben aus dem Amt geschiedene Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair (SVP) könnte ja schon bald als Staatssekretär für Minderheitenangelegenheiten nach Rom wechseln. Von dort aus wird er dann vielleicht seinen gestreiften Nachfolger dazu anspornen, die Plattform zur Ausstellung von Abonnements und Durchfahrtsgenehmigungen zu ver(schlimm)bessern. An technischer Expertise fehlt es ihm diesbezüglich offenbar nicht.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 | 10 11



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  • Cymru: Diskussion über Unabhängigkeit erwünscht.
    Partizipation

    In Cymru (aka Wales) kann und soll offen über die möglichen Zukunftsszenarien — einschließlich Eigenstaatlichkeit — diskutiert werden. Hierzu rief die nicht separatistische Labour-Regierung des Landes vor einigen Jahren die Unabhängige Kommission über die konstitutionelle Zukunft von Cymru ins Leben, die 2024 ihren Schlussbericht veröffentlichte.

    Rund 18 Monate lang hatte sie zuvor das Ohr an die walisische Bevölkerung gelegt, um herauszufinden, wie man die Demokratie stärken und die Autonomie von Cymru festigen und ausbauen könnte.

    Insbesondere wurden für die Zukunft von Cymru drei unterschiedliche Szenarien untersucht:

    • Autonomieausbau;
    • Cymru als Teil eines föderalen Vereinigten Königreichs oder
    • die Gründung eines unabhängigen Staates.

    Ausdrücklich wurde in dem Schlussbericht festgehalten, dass alle drei Szenarien tragfähig wären. Es wurde bewusst nicht bewertet, welches die bessere Option wäre, sondern eine möglichst objektive Analyse durchgeführt, damit die Bevölkerung die Chance hat, selbst zu entscheiden, welchen Weg sie für ihr Land bevorzugt.

    Jeder der drei Wege weise Stärken und Schwächen, Risiken und Chancen auf, so die Kommission. Welche Lösung man wählt, hänge hauptsächlich davon ab, wie man die unterschiedlichen Entscheidungskriterien gewichte und welche Risiken man für die Chancen, die die einzelnen Optionen bieten, einzugehen bereit sei. Dabei handle es sich um eine Aufgabe, die den politischen Parteien und letztendlich den Bürgerinnen obliege.

    Es sei jedoch von größter Wichtigkeit, offen und konstruktiv über die unterschiedlichen Zukunftsszenarien zu diskuteren, da die öffentliche Debatte ohne informierte Diskussion viel stärker zur Polarisierung tendieren würde.

    Eine der wichtigsten Erkenntnisse im Austausch mit der Bevölkerung sei gewesen, dass viele Menschen das Gefühl hätten, keinerlei Einfluss auf die Regierungspolitik zu haben. Die Mehrzahl verstehe nicht, wie das Land verwaltet wird und wer wofür verantwortlich ist. Daraus ergebe sich ein Gefühl der Machtlosigkeit. Für Befürworterinnen der Union, der Unabhängigkeit und anderer Zukunftsvisionen sei es aber wichtig, dass ihre Vorschläge gehört, diskutiert und geprüft werden können. So komme man von Slogans weg und hin zu einer Beschäftigung mit der besten Zukunftoption für Cymru.

    Keine Option sei hingegen die Beibehaltung des Istzustandes, so die Kommission, da die autonomen Befugnisse nach derzeitiger Regelung jederzeit geändert werden könnten, ohne die Bevölkerung in die Entscheidungen einzubinden. Wie in Südtirol.

    »Nationale Konversation«

    Um zu ihren Erkenntnissen zu gelangen, hat die Kommission eine sogenannte »nationale Konversation« mit den Bürgerinnen von Cymru gestartet. Dazu wurde eine Online-Umfrage durchgeführt und die Möglichkeit geschaffen, Anregungen und Vorschläge via E-Mail und per Post einzusenden oder als Video- und Audionachricht hochzuladen. 

    Neben formalen Texten, die für manche eine hohe Hürde darstellen können, wurde es ermöglicht, Gedichte, Rap, Musik, kreative Texte oder Fotos einzureichen.

    Nachdem jedoch zum Ausdruck gekommen war, dass viele, die eigentlich mitdiskutieren wollten, das Gefühl hatten, zu wenig informiert zu sein, wurde eigens eine Beteiligungsplattform mit Informationen, Blogs, Kommentar- und Chatfunktionen eingerichtet.

    Um auch diejenigen einzubeziehen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht selbst aktiv werden wollten, denen strukturelle Barrieren (Sprache, Bildung, Technologie, Beeinträchtigung) eine Teilnahme erschweren oder die der Ansicht sind, man würde sich für ihre Meinung ohnehin nicht interessieren, wurden die Menschen in einem weiteren Schritt auch vor Ort aufgesucht und proaktiv eingebunden: in Einkaufszentren, bei Festen und Festivals, auf den Straßen und in den Bürgerzentren.

    Ferner wurden unterschiedlichste Vertretungen — wie die der Gehörlosen, der Blinden, von Roma und Sinti sowie der Fahrenden — kontaktiert und um ihre Ansichten gefragt.

    Die aus der »nationalen Konversation« hervorgegangenen Einsichten wurden dann noch um quantitative und qualitative Daten über die Ansichten und Wünsche der Bevölkerung ergänzt: Es wurden acht deliberative Bürgerräte mit je 16 Mitgliedern organisiert, die nach Alter, Geschlecht, politischen Ansichten, sozioökonomischem Hintergrund, Stadt/Land, Beeinträchtigung, Sprache, LGBTQ+, Lebenslage, Ethnizität, Interesse an der Materie und Wissen gewichtet wurden und für alle geografischen Regionen von Cymru repräsentativ waren. Dabei wurde auch erhoben, inwiefern sich die jeweiligen Ansichten durch die Diskussion mit den anderen Teilnehmenden und den Austausch von Informationen verändert hatten. Nicht zuletzt wurde eine repräsentative Telefon- und Onlineumfrage mit 1.596 Teilnehmenden durchgeführt.

    Eine bedeutende Erkenntnis war, dass viele Bürgerinnen zwar an Verfassungsreformen interessiert seien, dieses Interesse aber oft nicht direkt zum Ausdruck brächten. Dies äußere sich darin, dass eher über unmittelbare Prioritäten als über abstrakte Reformen gesprochen werde, obwohl das eine das andere mit einschließe und bedinge. Speziell aus den Bürgerräten sei jedoch klar hervorgegangen, dass es ein Fehler wäre, dies als mangelndes Interesse an grundlegenden Reformen zu interpretieren. Den Menschen ist aber wichtig, was das jeweilige Szenario für sie bedeutet.

    Hierzulande war der Südtirolkonvent ein Setting, das sich für eine ähnlich ergebnisoffene Diskussion geeignet hätte. Leider war dies nicht in vollem Umfang möglich, da vor allem eine Beschäftigung mit der Autonomie erwünscht war und für andere Szenarien regelmäßig Barrieren aufgebaut (01 02 03), ja sogar schwerste Drohungen ausgesprochen wurden.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 | 06 07



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