Der Präsident der Republika Srpska in Bosnien, der angebliche Sozialist Milorad Dodik, kommt seinem Ziel immer näher. Als Erbe von Radovan Karadžić, dem Architekten der ethnischen Säuberungen, will er »seine Republik« aus Bosnien lösen, um sich zu einem späteren Zeitpunkt Serbien anzuschließen. Dodik hofft dabei auf den US-Präsidenten Donald Trump.
Am 9. Jänner ließ Dodik in der Hauptstadt Banja Luka seine Entität feiern. Seit 2015 wird dieser Feiertag der serbischen Teilrepublik Bosniens gefeiert. Damit wird Karadžić geehrt, der im Jänner 1992 die mehrheitlich serbisch bewohnten bosnischen Regionen, als Antwort auf die bosnische Unabhängigkeitserklärung, zur Republik erklärte.
Die serbischen Milizen vertrieben in gemeinsamen Operationen mit der jugoslawischen Volksarmee Kroaten und Bosniaken aus »ihrer Republik«. Mit der ersten »Säuberungswelle« in Ostbosnien wurde die bosniakische Bevölkerung vertrieben, im Norden des Landes wurden erstmals wieder nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa Konzentrationslager eingerichtet und im Juli 1995 ermordeten Truppen der Republika Srpska unter der Schirmherrschaft der niederländischen UNO-Blauhelme mehr als 8.000 Bosniaken in der Enklave Srebrenica.
Mit dem Vertrag von Dayton, den die USA erzwungen haben, konnte der Krieg beendet werden, letztendlich wurden damit aber die ethnischen Säuberungen und die ethnische Aufteilung Bosniens anerkannt. Dodik und seine »serbische Republik« verhindern erfolgreich die Rückkehr kroatischer und bosniakischer Vertriebener.
Ethnisch rein
Die Republika Srpska ist ein Konzept der »ethnischen Reinheit«, die auf einem Leichenberg von mehr als 100.000 Toten — meist Bosniaken — und tausenden vergewaltigten Mädchen und Frauen entstanden ist. In dieser Republik leben unbehelligt zahlreiche Kriegsverbrecher und werden für ihre Gräueltaten nicht belangt. Die Massenmörder der 1990er Jahre — Karadžić, Ratko Mladić und weitere mehr — werden als Führer des serbischen Volkes verherrlicht.
Der Karadžić-Erbe, Entitäts-Präsident Milorad Dodik, galt für die NATO, für die EU, für die USA, als gemäßigte Alternative zu den Kriegsverbrechern. Die damalige, serbienkritische US-Außenministerin Madeleine Albright würdigte Dodik als »frischen Wind« und als »Liebling der internationalen Gemeinschaft«. Reingefallen wie bei Putin, Medwedew, Erdoğan, Vučić und wie sie alle heißen mögen.
Der neue Karadžić
Im Jahr 2006, zu Beginn seiner zweiten Amtszeit, entledigte sich Dodik seiner Maske und näherte sich seinem Vorbild Karadžić an. Marc Casals beschreibt den Wandel auf dem Portal der katalanischen NRO Ciemen folgendermaßen: Dodik pflegte plötzlich einen serbisch-ultranationalistischen Diskurs mit einem ausgeprägten islamophoben Ton. Er hetzte und hetzt gegen die Bosniaken, blockiert gemeinsame staatliche Institutionen, um Bosnien zu zerstören.
Dodik zelebriert seine Entität als funktionierende Republik, als einen Gegenentwurf zu dem noch immer multinationalen, multikulturellen und multireligiösen Rumpf-Bosnien. Das Ziel seiner Führung sei, seine Entität in Richtung Unabhängigkeit zu bewegen.
Zwei gewichtige Verbündete stehen Dodik zur Seite, ist Casals überzeugt: Der erste ist Viktor Orbán, ein unbequemer Störfaktor in der Europäischen Union. Erfolgreich verhinderte er EU-Maßnahmen gegen Dodik.
Der zweite Verbündete ist der russische Kriegspräsident Putin. Casals nennt die Folgen der russischen Außenpolitik auf dem Balkan als bewusst und gezielt destabilisierend. Instabilität ist das Leitmotiv der russischen Außenpolitik. Als Erfüllungsgehilfen Lawrows agieren laut Casals Dodik und der von der EU umworbene serbische Präsident Aleksandar Vučić. Dieser soll in den 1990er Jahren als Scharfschütze von den Hügeln aus Menschen in Sarajewo erschossen haben. Fakt ist, dass Vučić Mitglied der radikalsten serbisch-nationalistischen Partei war.
Antiwestliche autoritäre Nationalisten
Das Trio Putin, Dodik und Vučić hat einen gemeinsamen Background: anti-westlich, nationalistisch und autoritär. Dazu passt das Narrativ der religiösen, historischen und kulturellen Bindungen zwischen dem russischen und dem serbischen Volk.
Dodik kopiert den serbischen »Schutzpatron« Putin mit Srpski Svet (Serbische Welt). Zu dieser serbischen Welt gehören Serbien, die Republika Srpska, das Kosovo und Montenegro, kurz Großserbien. 2007 baute Putin Russki Mir, die »russische Welt«, in seine Politik ein. Russland ist dort, wo Russen leben, wie in Lettland, Litauen und Estland, in der Ukraine, in der Republik Moldau, in Georgien und in den ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken.
Dodik und der stellvertretende serbische Ministerpräsident Aleksandar Vučić erklärten die »Vereinigung der serbischen Gebiete« zu ihrem wichtigsten nationalpolitischen Ziel. Die alte Idee von Großserbien, in den 1980er Jahren von der serbischen Akademie der Wissenschaft — eine nationalistische Hochburg — entworfen, führte in den 1990er Jahren zum innerjugoslawischen Krieg.
Die Militärparade in Banja Luka am 9. Jänner hat einen großserbischen Hintergrund. Neben der Polizei der Republika Srpska, Angestellten des öffentlichen Dienstes und Studenten, nimmt auch die russischen Motorradgruppe Nachtwölfe teil. Die Biker sind großrussische Nationalisten im Dienst von Wladimir Putin.
Im Jahr 2023 erhielt Putin den Orden der Republika Srpska, die höchste Auszeichnung der Entität, 2024 Viktor Orbán.
Trump, ein Partner von Dodik?
Dieses Netzwerk setzt nun auf US-Präsident Donald Trump. Keine unbegründete Hoffnung, findet Marc Casals auf Nationalia von Ciemen. Bereits in der ersten Amtszeit von Trump sprach sich Richard Grennell, ehemaliger US-Botschafter in Deutschland und ab dem 20. Jänner »Gesandter des Präsidenten für Sondermissionen«, für einen Landtausch zwischen Serbien und dem Kosovo aus. Warum sollten die Trump-USA, die die Ukraine zur Aufgabe der Krym und der östlichen Ukraine für den »Frieden« drängen, nicht einem Anschluss der Republika Srpska an Serbien zustimmen?
Damit würde ein weiteres Kapitel der Willkür, des »Bevölkerungsaustauschs«, also der Vertreibung und der Gewalt geschrieben werden, warnt Casals. Die Abspaltung der Republika Srpska wird zum Brandbeschleuniger werden, kommentiert Casals die Dodik-Hoffnungen auf Trump.
Am Tag nach Trumps Wahlsieg feierte Dodik eine Cocktailparty in Banja Luka, berichtet Casals auf Nationalia. Er trat mit der roten Mütze samt Slogan Make America Great Again auf. Auf die Fassade seines Palastes ließ Republika-Führer Dodik das Bild des zukünftigen US-Präsidenten projizieren. Dodik setzt auf Trump, er hofft, mit ihm sein wichtigstes politisches Ziel zu erreichen: die Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina abzuspalten, um sich Serbien anzuschließen.
Cëla enghe: Nationalia, Marc Casals, Ethnische Säuberung – Völkermord für Großserbien, eine Dokumentation der GfbV, der Krieg in Ex-Jugoslawien
Marc Casals (geboren im katalanischen Girona 1980) studierte an der Universität Pompeu Fabra. Er lebt seit zwanzig Jahren auf dem Balkan und pendelt zwischen Bulgarien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina und Slowenien aufgeteilt. Er schreibt für verschiedene Medien über die Region und übersetzt Literatur aus dem Bosnisch-Kroatisch-Montenegrinisch-Serbischen und dem Bulgarischen. Er ist Autor des Buches La piedra permanece. Historias de Bosnia-Herzegovina (Libros del KO, 2021) und Übersetzer von The Refuge of Time von Georgy Gospodinovov (Periscope, 2024, International Booker Prize 2023).
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