Anlässlich des Tags der nationalen Einheit und der Streitkräfte begab sich der Präsident des italienischen Senats, Ignazio Benito La Russa von den neofaschistischen Fratelli d’Italia, am 4. November nach Sredipolje/Redipuglia. An dem Tag feiert der italienische Staat auch in Südtirol offensiv den angeblichen Sieg im Ersten Weltkrieg, in dessen Folge dieser Landesteil zunächst von Italien annektiert und anschließend brutalen Assimilierungsmaßnahmen unterworfen wurde.
Die Gedenkstätte in Sredipolje, an der La Russa den zweifelhaften Feiertag beging, war — ähnlich dem sogenannten Siegesdenkmal in Bozen — auf Anordnung seines Namensvetters Benito Mussolini errichtet worden.
Verständlicherweise sorgt die Tatsache, dass der neofaschistische Senatspräsident den 4. November genutzt hat, um sich zu einem faschistischen Ehrenmal zu begeben, für Kritik. Es ist allerdings eine verlogene Kritik — denn schon seit Jahren ist es Praxis, dass der Staatspräsident den Senatsvorsitzenden als seinen Stellvertreter zum Tag der nationalen Einheit und der Streitkräfte genau zu diesem totalitären Erinnerungsort schickt, der vor faschistischer Symbolik nur so strotzt. Darauf hatte ich zum Beispiel 2019 hingewiesen, als Maria Casellati (FI) im Auftrag von Sergio Mattarella nach Sredipolje gereist war.
Das einzige, was wohl auf dem Mist von La Russa gewachsen ist, ist sein Eintrag ins Ehrenbuch der Gedenkstätte, das er mit einem faschistischen »Presente!« (zu Deutsch: »Anwesend!«) abschloss. Dieses »Presente!« ist aber auf den Stufen des riesigen Kriegerdenkmals von Sredipolje hundertfach zu lesen.
Empörend wäre wennschon, dass es im »demokratischen« Italien zur Tradition werden konnte, dass der Inhaber des zweithöchsten Amts im Staat diesen offiziellen Gedenktag an einem solchen Ort begeht. Dass sich ein Fan der Mussolini-Diktatur diese Gelegenheit nicht entgehen lässt, ist eigentlich nur folgerichtig. Um nicht zu sagen: Der lasche Umgang mit der eigenen Geschichte hat wohl seinen Teil dazu beigetragen, dass ein La Russa heute Senatspräsident ist.
In Bozen übrigens hat die faschistische CasaPound am selben Tag ein großes Transparent an der Einfriedung des sogenannten Siegesdenkmals angebracht, das mit seinen Liktorenbündeln und Mussolini-Köpfen trotz angeblicher Entschärfung nach wie vor als ein idealer Gedenkort wahrgenommen wird.