“Come sono buoni i bianchi!”
So heißt ein alter Film von Marco Ferreri, der die Abenteuer einiger Wohltäter aus Europa im afrikanischen Busch nachzeichnet. Das Ganze endet in einer Groteske, ganz im Gegensatz zu Durnwalders Afrikareise, zu der er eben aufgebrochen ist. Viel kann dabei nicht schief gehen, denn der Landeshauptmann besichtigt auf seinen jährlichen Projektbesuchen in Übersee immer Kleinprojekte, die schon abgeschlossen und abgerechnet sind. Inspektion kann also nicht der Zweck dieser 18.000 Euro teuren Reise sein, schon eher die Vorführung der Großzügigkeit Südtirols. Wie großzügig ist die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) wirklich bemessen, die Durnwalder ganz persönlich bestimmt? Das lässt sich aus dem Vergleich einiger Zahlen erschließen.
- Schließt man noch einige Beiträge für humanitäre Hilfe ein, umfasst Südtirols öffentliche EZA in den letzten Jahren ziemlich konstant 2 bis 2,5 Mio. Euro. Der Landeshaushalt stieg an, diese Ausgaben blieben gleich. Somit gibt das Land jährlich dafür weniger aus als für die Subventionierung des Flugverkehrs. Insgesamt hat das Land seit Bestehen der EZA 1992 nicht einmal den Betrag aufgewendet, den das Fahrsicherheitszentrum in der Frizzi-Au gekostet hat. Nun hat die Autonome Provinz ein Finanzierungssystem, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, ihre EZA nach den internationalen Vergleichswerten zu messen. 2010 sollten die Industriestaaten laut den 2000 als Milleniumsziel eingegangenen Verpflichtungen 0,51% des BIP erreichen, die bis 2015 auf 0,7% des BIP gesteigert werden müssen. Italien befindet sich mit 0,11% (2008) unter den Schlusslichtern und 2009 ist sein Entwicklungshilfebudget auf 321 Mio. gekürzt worden, womit es den drittletzten Platz unter den Industrieländern einnimmt. Nimmt man Südtirol aufgrund seines Finanzierungssystems als eigenständige Einheit und berechnet den UNO-Richtwert für die Entwicklungshilfe, ergibt sich bei einem BIP von 17.000 Mio. Euro (2010 geschätzt) ein Soll-Wert der jährlichen EZA-Ausgaben von 86,7 Mio, die bis 2015 auf über 119 Mio Euro ansteigen müssten. Tatsächlich sind es aber 2,5 Millionen, die 0,014% des Südtiroler BIP entsprechen. Südtirol gibt also etwa 1/35 des UN-Richtwertes für ein reiches Industrieland aus.
- Dabei ist unser Land laut den neuesten offiziellen Berechnungen der CPT (http://www.dps.tesoro.it/cpt/cpt.asp) nicht nur wohlhabend, sondern war für viele Jahre selbst Nettoempfänger bei den öffentlichen Finanzen. Für den Gesamtzeitraum 1996-2007 weisen die CPT Südtirol als Empfänger eines Überschusssaldos bei den öffentlichen Finanzen von 200 Mio Euro im Jahresdurchschnitt aus. Immerhin an jene Provinz, die zusammen mit dem Aostatal an der Spitze der Rangordnung Italiens beim BIP pro Kopf steht. 200 Mio Euro netto an “Entwicklungs-zusammenarbeit aus Rom” – das ist auch schon etwa die Hälfte des Betrags, den Rom jährlich als Entwicklungshilfe insgesamt den ärmsten Ländern zukommen lässt. Oder anders gefasst: unser Land erhielt über all diese Jahre 200 Mio netto, gab selbst nicht mehr als 2,5 Mio netto für die EZA und humanitäre Hilfe aus. Die quantitativen Relationen der Großzügigkeit.
Haben Durnwalders Besichtigungstouren nun irgendeinen Einfluss auf seine Vorstellungen von angemessener Dotierung der EZA? Nachweislich nicht. Denn eben haben die Grünen einen Gesetzentwurf im Landtag vorgelegt, um das Land zu verpflichten, 0,25% des Landeshaushalts jährlich für die EZA vorzubehalten. Eine solche Regelung hat das Trentino, das jährlich immerhin 10 Mio. Euro bereitstellt. Der LH hat diesen Vorschlag prompt vom Tisch gewischt, die SVP-Mehrheit den Gesetzentwurf geschlossen abgelehnt. Es bleibt bei den 2-2,5 Mio Euro. Die kleinen und großen Schwarzen in den Dörfern, die der gute Weiße aus Südtirol besucht, wissen davon nichts, weshalb sie wie immer beim Gruppenbild fröhlich in die Kamera lachen werden, das der Landeshauptmann für die heimischen Medien dringend braucht.
*) Thomas Benedikter ist Wirtschafts- und Sozialforscher in Bozen. Er ist u. a. Autor von »Autonomien der Welt« (Athesia, Bozen 2007) und »The World’s Working Regional Autonomies« (Anthem, London/Neu-Delhi 2007).
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